Test: TC Electronic System 6000 Native Plug-In-Bundle

Erstmals auf der AES in New York im Jahre 1999 vorgestellt, gilt das System 6000 seit über zwei Jahrzehnten selbst noch im Plug-In-Zeitalter als konkurrenzfähige Speziallösung für Musik, Film und Post Produktion, wenn es um Raumsimulation, Nachhall, Signalbearbeitung oder High-End-Mastering geht. Durch die seinerzeit entworfene Systemarchitektur, die man für ein Produkt, das zum Beginn des neuen Jahrtausends das Licht der Welt erblickte, auch heute noch als außergewöhnlich innovativ in jedweder Hinsicht bezeichnen darf, war die Bandbreite des Funktionsangebotes praktisch unbegrenzt, jederzeit erweiter- oder erneuerbar und sogar für 5.1 Surround-Anwendungen geeignet. Bis vor ein paar Wochen, genauer gesagt, bis zur Vorstellung des hier zur Debatte stehenden Native Plug-In-Pakets, galt das System 6000 daher aufgrund des aus heutiger Sicht sehr hohen Preises als eine Art exklusive Geheimwaffe in den Masteringstudios, die auf ein Arsenal von komplexen Bearbeitungsmodulen zurückgreifen konnten, deren Funktionalität ihrer Zeit weit voraus war. Ich selbst bin Besitzer und begeisterter Fan dieses Systems, seit ich es im Jahre 2001 kaufte.

Vor zehn Jahren bot sich die Gelegenheit, bestehende, so genannte ‚Black Face‘ Systeme (schwarzes Gehäuse) per Hardware-Upgrade auf Mk II hochzurüsten (silbernes Gehäuse). Der dänische Hersteller hatte seinerzeit im Rahmen einer größer angelegten Pro-Audio-Kampagne noch einmal große Pläne mit dem System ins Auge gefasst, und wollte weitere Software-Entwicklungen folgen lassen. Denn der Flaschenhals des Systems war nicht die DSP-Leistung der vier zur Verfügung stehenden DSP-Audio-Engines, sondern das im Jahre 2000 noch als zeitgemäß geltende Diskettenlaufwerk für Soft- und Firmware-Updates und die damit beschränkte Größe der Installationsdateien. Was mit dem Upgrade sehr engagiert begann, blieb allerdings auf dem Weg zum Ziel aus letztlich undurchschaubaren, betriebsinternen Gründen stecken. Bis auf einen 8-kanaligen Digitalmischer und das allseits bekannte Radar-Meter für die Loudness-Messung, jeweils auf einer Engine lauffähig, folgte keine weitere Software mehr, was natürlich die Mk II Upgrade-Kundschaft enttäuscht zurückließ, allerdings mit einem technisch verjüngten System, das eine verlängerte Lebensdauer versprach. 2015 machte die Nachricht des Verkaufs der TC Gruppe mit all ihren Marken in der Branche die Runde. Neuer Besitzer: Uli Behringers ‚Music Tribe‘, damals noch ‚Music Group‘. Meine persönliche, aus heutiger Sicht fast kindlich naive Hoffnung, dass nun mit der üppigen Finanzausstattung eines weltweit erfolgreichen Konzerns die ambitionierten Pläne mit dem System 6000 fortgesetzt werden könnten, blieben unerfüllt und lange Zeit war eigentlich auch nicht so richtig klar, welche Rolle TC Electronic zukünftig im Markt spielen würde. Schließlich aber kristallisierte sich heraus, dass die über Jahrzehnte erworbene Soft- und Hardware-Kompetenz des Unternehmens auf die DAW-Ebene portiert werden sollte, zum Beispiel in Gestalt der Icon-Serie nativer Plug-Ins mit optional beigestellten Hardware-Controllern. Auch Geräte-Portierungen wie das legendäre TC2290 gehörten dazu. Im Grunde geht es hier aber um die erneute Auswertung bereits existierender Technologien auf einem anderen, deutlich attraktiveren Preisniveau. Auf der TC-Website findet man in der Unterabteilung ‚Recording & Broadcast‘ zwar aktuell immer noch sehr viele 19-Zoll-Geräte und auch das Mk II System 6000 in mittlerweile vier Varianten ‚Music‘, ‚Film‘, ‚Broadcast‘ und ‚Mastering‘, mit allen verfügbaren Einsteckkarten wie AES/EBU und AD/DA, jedoch scheint die Zukunft der Marke TC auf eine reine Software-Ausrichtung abgestellt zu sein, was man durchaus als zeitgemäß bezeichnen darf. Die Verfügbarkeit der wesentlichen Funktionalität des System 6000 auf der Plug-In-Ebene ist sicher eine gute Nachricht für die Anwender, für die der Hardware-Systempreis bislang eine unüberwindliche Barriere darstellte. Noch viel erstaunlicher ist jedoch, dass eine im Mittel 15 Jahre alte Software heute in unveränderter Form konkurrenzfähig geblieben ist. Das damalige TC-Entwicklerteam um Thomas Lund, der heute für die finnische Lautsprecherschmiede Genelec arbeitet, darf mit Recht stolz auf diese Leistung sein.