Test: SPL DMC Mastering Console

Als ‚schüchtern‘ kann man SPLs erste Gehversuche im Mastering-Segment ja nun nicht gerade bezeichnen. ‚Mit einem Paukenschlag‘ präsentierte der deutsche Hersteller im Jahr 2000 die Mehrkanal-Mastering-Konsole MMC1, die im Markt ob ihrer Innovation und Qualität für einiges Aufsehen sorgte. Die Galaxy-Studios im belgischen Mol waren der erste Kunde für dieses ehrgeizige Produkt, zu dessen Konzeption ein gewisser Ronald Prent maßgebliche Ideen beisteuerte. Diverse Folgekäufe durch Mastering-Prominenz wie Bob Ludwig (Gateway Mastering), Darcy Proper (Wisseloord Studios), Simon Hayworth (Super Audio Mastering) oder Kai Blankenberg (Skyline Mastering) erhoben die Konsole schnell in den technologischen Adelsstand. SPL-Chefentwickler und Mitinhaber Wolfgang Neumann fühlte sich derweil ermutigt, mit dieser Konsole neue schaltungstechnische Wege zu beschreiten und entwickelte einen Operationsverstärker, der mit 120 Volt (+/-60 Volt) Betriebsspannung arbeitete und damit bekannte Grenzen der Übersteuerungsfestigkeit und Dynamik analoger Schaltungen mal eben deutlich nach oben verschob. Diese Technologie ziert inzwischen alle Geräte der SPL-Mastering-Serie und befindet sich aktuell in der 5. Generation. Großen Anteil an der fortwährenden Verbesserung der 120-Volt-Technik hat SPL-Entwickler Sebastian Neu, der auch für die aktuelle DMC Mastering Console verantwortlich zeichnet. Ich bin nicht selbst darauf gekommen und musste daher bei SPL nachfragen: DMC steht für ‚Dual Channel Mastering Console‘.

Für eine Mehrkanal-Mastering-Konsole wie die MMC1 (‚Multichannel Mastering Console, jetzt schließt sich der Kreis), so traurig das auch klingen mag, fehlt heute tatsächlich die Marktgrundlage, denn Musikproduktionen in 5.1 Surround haben den prophezeiten durchschlagenden Erfolg, an den seinerzeit auch ich mit vielen anderen gemeinsam geglaubt hatte, niemals erlebt. Heute spricht die ganze Audiowelt stattdessen von ‚Immersive Audio‘, was immer man davon angesichts eines gescheiterten 5.1-Formates auch halten mag. SPL entschloss sich daher folgerichtig, für das erfolgreichste Audioformat aller Zeiten, die Stereophonie, eine zeitgemäße Mastering-Konsole auf den Markt zu bringen, die sich nahtlos in die extrem ambitionierte Mastering-Geräte-Serie eigener Entwicklung eingliedert. Durch eine mögliche Erweiterung mit dem MC16 Mastering Monitor Controller werden immersive Audioformate, zumindest auf der Abhörseite, mit bis zu 16 Monitorkanälen unterstützt, was den Anwender in die Lage versetzt, die für das Stereo-Mastering notwendigen Lautsprecherkanäle (L, R, Sub – 2.1) aus der vorhandenen Mehrkanal-Lautsprecheranordnung herausgelöst zu nutzen. SPL ist heute, wahrscheinlich sogar weltweit, der Hersteller mit dem größten Angebot hochwertiger analoger Mastering-Geräte, die zusammen eine vollständige Mastering-Kette bilden, mit parametrischem und passivem EQ (PQ und Passeq), Röhren-Kompressor (Iron), Kopfhörerverstärker/Monitor-Controller (Phonitor 2), Mehrkanal-Monitor-Controller (MC16), Mastering Konsole (DMC) oder Phono-Verstärker (Phonos). In der Vorschau – daraus macht SPL gar kein Geheimnis – sind auch noch ein DAC, ein Mastering-Routing-Switcher und eine M/S-Einheit mit elliptischem Filter. Die letztgenannten Geräte haben sogar schon einen Namen und werden in Kürze vorgestellt werden. Hermes ist ein 8fach-Umschalter mit zwei Parallelmix-Stufen, Gemini ein M/S En-/Decoder mit integriertem elliptischem Filter – beides als sinnvolle Ergänzung und funktionale Erweiterung der DMC. Man könnte sich jedoch durchaus vorstellen, dass der Ideenreichtum des Herstellers damit noch lange nicht am Ende ist und es sieht ganz so aus, als wolle SPL seinen selbst definierten Führungsanspruch in Sachen Analog-Mastering noch weiter konsequent ausbauen. Der einzige Hersteller, der ähnliche Ziele verfolgt, wenn auch mit anderen technischen Mitteln, ist tatsächlich Dangerous Music. Für manche mag die SPL-Strategie ‚rückwärtsgerichtet‘ wirken, wo sich doch die ganze Pro-Audio-Welt im Digitalisierungswahn befindet. In Wirklichkeit ist der Aufbau eines kompletten Analog-Mastering-Programms aber etwas sehr Zukunftssicheres. Wenn man schon lange nicht mehr von irgendwelchen Plug-Ins und Formatplattformen sprechen wird, wird die analoge Technik – zumindest auf diesem technischen Niveau – immer noch uneingeschränkt einsetzbar, zeitgemäß, auf höchster Qualitätsstufe, werthaltig, farbenfroh und formatunabhängig sein. Das ist, nebenbei gesagt, auch keine wirklich neue Erkenntnis, denn die Vergangenheit hat uns bereits gezeigt, dass der Hase genauso läuft. Geräte, die vor fünfzig und mehr Jahren entwickelt wurden, sind – entweder als Original oder in einer Rekreation – heute begehrter als jede zeitgenössische Digitalentwicklung, zumindest, wenn es um Charakter, Farbe und Eigenständigkeit im Klang geht.