Test: Röhrenkompressor Vacuvox U23m

Wenn der UPS-Lieferant mit einer großen Sackkarre in die Firma kommt und das Büro erschöpft und über das Gewicht der Lieferung fluchend wieder verlässt, dann weiß man, dass da wohl etwas Außergewöhnliches geliefert wurde. Bestellt war eigentlich 'nur' ein Röhrenkompressor. Von nur kann allerdings keine Rede sein, denn im Case in der Holzkiste aus den Niederlanden verbergen sich gleich zwei Geräte der Extraklasse. Sie tragen die Bezeichnung U23m. Vacuvox heißt ihr Hersteller, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Sound des historischen Sendebegrenzers U23 von Rohde und Schwarz für die Nachwelt verfügbar zu machen. 'Des was?', werden sich jetzt viele Leser fragen, denn von allzu großer Bekanntheit kann man bei diesen Geräten nicht unbedingt sprechen. Das heißt für uns also, einen Blick auf das Produkt und auch auf das Vorbild zu werfen.

Für Vacuvox sind die gerade neu erschienene Kompressoren U23 und U23m nicht der erste Kontakt mit dem klassischen Rohde und Schwarz U23. Der Hersteller bietet seit fast 20 Jahren den Umbau von historischen U23, zum sogenannten CL-2, an. Nach eigener Aussage machen diese Umbauten das Originalgerät überhaupt erst für den Studiobetrieb nutzbar. Denn schließlich war das Gerät 1953 als Sendebegrenzer konzipiert, sollte also Rundfunksendeverstärker vor Beschädigung durch hohe Pegel bewahren und nicht als kreatives Werkzeug in der Musikproduktion dienen. Das bedeutet, dass das Gerät auch keine offen zugänglichen Bedienelemente hatte, denn schließlich sollte es, nach dem initialen Abgleich auf Quelle und Sendeverstärker, nicht mehr manipuliert werden. Der ursprüngliche Einsatzfall erklärt auch, warum der U23 so überraschend kurze Regelzeiten zulässt; er sollte damit Übersteuerungen sicher verhindern. Gerüchteweise soll der damalige Entwickler des legendären Fairchild 670 (von 1959), der aus Estland in die USA immigrierte Rein Narma, vom Design des R&S U23 inspiriert worden sein. Tatsächlich finden sich, wirft man einen Blick in die im Internet verfügbaren Schaltpläne beider Geräte, durchaus Ähnlichkeiten zwischen beiden Schaltungen. Die Entwicklung aus Deutschland konnte aber, schon allein wegen der viel kleineren Stückzahlen, nie die Bekanntheit und den Leumund des Fairchild erlangen. Vom Rohde und Schwarz U23 wurden rund 100 Seriengeräte gefertigt, während der Fairchild wohl etwa die zehnfache Anzahl erreichen konnte. Beide Geräte arbeiten mit einer einstufigen Regelung anhand des Vari-Mu-Prinzips. Bei diesem wird die Verstärkung einer Röhre direkt verändert. Durch Änderung der Vorspannung wird der Arbeitspunkt auf der Röhrenkennlinie verschoben, um ihn in einen nichtlinearen Bereich zu versetzen und so eine Kompression zu erreichen. Die Kennlinie ist also eine technische Eigenschaft der Röhre selbst, weshalb hierfür verschiedene Typen zur Verfügung standen, die unterschiedliche Kennlinien aufweisen. Der Aufwand dafür war damals vergleichsweise hoch. Die Vari-Mu-Schaltung benötigt im eigentlichen Regler des U23 zwar nur zwei Röhren, da aber damals nur Röhren als aktive Bauelemente zur Verfügung standen, musste die gesamte Steuerung und eventuell zusätzliche Verstärkung ebenfalls damit realisiert werden. So finden sich im Gerät insgesamt sieben Röhren, die mit reichlich Übertragern zur Signalanpassung und -trennung verschaltet sind. Die neue Version des U23 wurde von Vacuvox gegenüber der historischen Version in verschiedenen Aspekten verbessert. So kommt zum Beispiel eine aufwändigere und stabilere Stromversorgung zum Einsatz. Zusätzlich zum eigentlichen Kompressor wurden Filter für die Sidechain integriert, die den Einsatzbereich deutlich erweitern.