Test: Quested V2104 und SB10R Subwoofer

Das Pro-Audio-Gewerbe muss eine ziemlich rückwärts gerichtete Branche sein – man spielt bis heute mit den Unzulänglichkeiten der Analogtechnik einer längst vergangenen Epoche und versucht sie, wahlweise analog oder digital, in die heutige Vorstellung von Klangästhetik einfließen zu lassen. Es fallen Begriffe wie ‚Charakter‘, ‚Wärme‘ und ‚Lebendigkeit‘, in Wahrheit ist aber die Rede von technischen Problemen, wie zum Beispiel Verzerrungen, die dank Digitaltechnik längst überwunden schienen, aber doch so unverzichtbar wichtig in der Gewürzküche der Musikproduktion geblieben sind, wenn man sie kontrolliert einsetzt. Früher, als es nicht besser ging, musste man den Klang der Aufnahmekette so akzeptieren, wie er war und hatte je nach Mischpult und Bandmaschine die Wahl zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen. Interessanterweise führten dabei oft tontechnische Un- oder Zufälle, wie zum Beispiel die Übersteuerung einer analogen Schaltung, zu für die Klangästhetik folgenschweren Erkenntnissen und Ergebnissen, die sich als ‚Wohlklang‘ in unseren Köpfen bis heute festgesetzt haben. Ein reiner Ton oder Klang ist eben nicht immer das erstrebenswerte Ziel. Man kann ihn auch mit Teiltönen anreichern und plötzlich wird er für unsere Ohren reizvoller, spannender, farbiger, lebendiger – am Ende tatsächlich auch musikalischer, was mit den harmonischen Tonbezügen zu tun haben dürfte, die unser Ohr als angenehm empfindet.

Auch heute noch trifft der Toningenieur gerne die Wahl zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen, jedoch ist das Angebot schier unendlich groß geworden. Entwickler analoger Geräte und Plug-In-Programmierer präsentieren uns ein zum Bersten gefülltes Gewürzregal, mit gezielt abgestimmten, real existierenden analogen Geräten, digitalen Emulationen, aber auch eigenständigen digitalen Generatoren von Signalanteilen, die nicht zum Originalklang gehören, aber aus selbigem abgeleitet werden. Ein kleines bisschen ist dieses Thema beim Mastering zu meinem Hobby geworden, nicht nur den existierenden Klang verändern zu wollen, sondern auch Signalanteile zu erzeugen, die ursprünglich gar nicht im Signal vorhanden waren. Zu meinen Favoriten gehören hierbei der Dolby Spectral Processor, ein leider wenig beachtetes, geniales Gerätekonzept, der Vertigo Mix Satellite, die Effektabteilung des Crane Song HEDD oder der U794 Klirrgenerator aus der V700 Serie von ADT-audio. Es ist immer nur eine kleine Prise, die den Unterschied zu einer ‚klassischen‘ Signalbearbeitung macht. Obwohl man ja streng technisch gesehen ein ursprünglich sauberes Signal mit Schmutz anreichert, wird es für unsere Ohren schöner, oft auch klarer, wärmer oder frischer. Obertöne sind aber nicht nur ein rein elektrotechnisches Phänomen, sondern in der Musik ohnehin überall vorhanden. Jedes Musikinstrument erzeugt neben dem Grundton Teiltöne des in der Frequenz Mehrfachen und erhält so seinen charakteristischen Klang. Wir unterscheiden zwischen geradzahligen Harmonischen, die ein gerades Mehrfaches der Frequenz des Grundtons sind, Faktor 2, 4, 6, 8 und so weiter, und ungeradzahligen Harmonischen, Faktor 3, 5, 7, 9 etc. Geradzahlige Harmonische werden von uns als wohlklingend empfunden, da sie zusammen mit dem Grundton (1. Harmonische) einen ‚positiv‘ klingenden Dur-Akkord bilden. Wenn man explizit von ‚Obertönen‘ spricht, verschiebt sich die Bedeutung von ‚geradzahlig‘ und ‚ungeradzahlig‘. Geradzahlige Harmonische entsprechen ungeradzahligen Obertönen, da die Grundschwingung bereits der 1. Harmonischen entspricht und als ‚Obertöne‘ die Resonanzschwingungen oberhalb der Grundfrequenz bezeichnet werden. Also ist dementsprechend die 2. Harmonische der 1. Oberton. Aber egal, ob Harmonische, Teilton, Partialton oder Oberton – alle sind ein Vielfaches der Frequenz des Grundtones. Nach dem gleichen Prinzip werden nichtlineare Verzerrungen in harmonische und nicht harmonische unterteilt. Um es ganz einfach zu beschreiben: Harmonische Verzerrungen werden von uns als ‚musikalisch‘ und nicht harmonische als ‚unmusikalisch‘ wahrgenommen. Damit sind wir mit einem kleinen Umweg bei der Kernkompetenz unseres Testkandidaten, des Drawmer 1976 Stereo-Prozessors, angekommen, der die früher unvermeidbar entstehenden Verzerrungs- oder Sättigungsprodukte des analogen Signalweges, die heute nicht mehr ‚auf natürlichem Wege‘ entstehen, erzeugen kann.