Test: Heritage Audio Symph EQ

Nicht nur dank der, aber ganz sicher beschleunigt durch die Erfindung des Plug-Ins gibt es heute eine schier unüberschaubare Menge von Equalizer- und Filter-Konzepten. Neben Klassikern wie Kuhschwanz, multiband-parametrischen oder grafischen gibt es auch Kerb- oder Niveaufilter, Tiefen- und Höhensperren, Bandpässe, dynamische, KI-gestützte oder Zielkurven-gesteuerte, linear- oder minimalphasige – da fiele uns sicher noch mehr ein, würden wir es darauf anlegen. Es kommt aber nicht nur darauf an, was ein Equalizer kann, sondern vor allem darauf, wie er klingt. Je komplexer oder mächtiger das technische Konzept, desto größer die Gefahr, als Entwickler den Gourmetaspekt eines Klangwerkzeugs aus den Augen zu verlieren. Analoge Equalizer können in Sachen Funktionsvielfalt schon länger nicht mehr mithalten, weshalb sie sich zwangsläufig auf das letzte, noch verbliebene Argument zurückziehen müssen, nämlich den Klang. Das ist aber quasi immer noch der Royal Flush im Pro-Audio-Poker. Dieser Tatsache ist sich auch der in Madrid ansässige Hersteller Heritage Audio bewusst, dessen Inhaber und Chefdenker Peter Rodriguez eine hingebungsvolle Liebe zum Sound der 60er und 70er Jahre entwickelt hat. Vor allem die frühen Werke des Altmeisters Rupert Neve haben es ihm angetan, weshalb aktuelle Geräte von Heritage Audio authentischer als so manches Neve-Original aussehen. Das gilt auch für den hier getesteten Symph EQ, dem ein sehr einfaches, klassisches Konzept in einem modernen Gewand zugrunde liegt.

Die Bezeichnung Symph EQ leitet sich aus einem in der Mathematik gebräuchlichen Begriff ab – er beschreibt die Asymptote als Kurve, die sich, in unserem speziellen Fall, einem spektral betrachtet linearen Verlauf immer weiter annähert, diesen jedoch theoretisch nie erreicht. Da in der Audiotechnik klare spektrale Grenzen definiert sind, haben wir es also mit einer flach ansteigenden Kurve zu tun, die, sobald sie ihr augenscheinliches Maximum erreicht hat, auf gleichem Niveau bleibt, so dass sowohl sehr tiefe als auch sehr hohe Frequenzen nicht stärker als das generell eingestellte Verstärkungsniveau angehoben werden. Auf diese Weise bildet sich an den spektralen Grenzen kein ausgeprägtes Störpotential. Auf der geschmacklichen Ebene kann das aber trotzdem übertrieben klingen, weshalb dem Gerät je eine Tiefen- und Höhensperre spendiert wurde. Bevor wir uns aber ins Detail stürzen, noch eine kurze historische Abhandlung dessen, was wir hier konzeptionell vor uns haben. Ich denke, ich kann davon ausgehen, dass wir alle von der Existenz eines gewissen Peter J. Baxandall wissen, dessen Name untrennbar mit einem sehr einfachen Filterkonzept verknüpft ist, das nach ihm benannt wurde und mit dem er sich einen ewigen Platz in der Geschichte der Audiotechnik erwarb, obwohl er monetär gesehen leider komplett leer ausging. Die von ihm erfundene aktive Höhen- und Tiefenklangregelung fand und findet sich in Billionen von HiFi-Geräten wieder und nur wenige Cent pro verkaufter Einheit hätten ihn zu einem sagenhaft reichen Mann gemacht. Im Jahre 1950 nahm er mit diesem Filterdesign an einer Art Talentwettbewerb teil, für den die damalige ‚Britische Tonaufnahme-Vereinigung‘ BSRA die Schirmherrschaft übernommen hatte. Er gewann den ersten Preis und erhielt eine Armbanduhr im Wert von umgerechnet 20 Euro. Mehr bekam er nicht, bleibt aber als einer der wichtigen und gleichzeitig fast tragisch bescheidenen Pioniere in Erinnerung, die neben der HiFi-Elektronik auch die Studiotechnik nachhaltig prägen konnten. Das Baxandall-Filter-Design kennt heute noch jeder, wohl eher unter dem Begriff ‚Shelving-, Kuhschwanz- oder Neigungsfilter, aber es wird auch in Zukunft ein wichtiges Werkzeug für die klangliche Gestaltung bleiben – sehr einfach und sehr wirkungsvoll. Peter J. Baxandall starb im Jahr 1995 in seinen Mittsiebzigern. Er hinterließ der Audiowelt ein wirklich großzügiges Geschenk, das Peter Rodriguez 70 Jahre später veranlasste, eine moderne Form des Baxandall-Filters zu entwickeln, das den Aspekt einer charakteristischen Klangfarbe einbezieht, die sich natürlich an seinem Vorbild aus der rühmlichen Vergangenheit der Studiotechnik orientiert.