Interview: Synchron Stage Vienna

Im Jahre 1938 wurde Österreich an das Deutsche Reich angeschlossen, ein Kapitel der Geschichte, welches sicher nicht zu den ruhmreichsten beider Länder gehört. Mit der Machtübernahme der Nazis wuchs auch ihr Einfluss auf Kultur und Medien und so gab Joseph Goebbels persönlich zahlreiche Bauprojekte in Auftrag, die der Verbreitung seiner Propaganda dienlich sein sollten. Darunter die sogenannte Synchronhalle im Wiener Gemeindebezirk Liesing, als Teil der ehemaligen Rosenhügel-Filmstudios. Sie diente ursprünglich der Nachvertonung von Filmen, geriet aber bereits kurze Zeit nach dem Ende des NS-Regimes nahezu in Vergessenheit. Im Prinzip, bis sie vom Team der Vienna Symphonic Library im Jahr 2013 als Orchesterstudio revitalisiert wurde…

Die Wiener Synchronhalle bestand ursprünglich aus einem großen und einem kleinen Saal, die akustisch stark getrennt, aber mit einer fast 16 Quadratmeter großen vierfachen Glasscheibe optisch verbunden waren. Hinter dem kleinen Saal waren weitere Räumlichkeiten untergebracht, die ebenfalls Fenster mit Blickachse zur großen Scheibe hatten. Sinn der Übung war es damals, den zu vertonenden Film auf eine teildurchlässige Leinwand zu projizieren, die im Raum zwischen den beiden großen Scheiben aufgespannt war. So konnten die Beteiligten im großen und kleinen Saal sowie auch in den zusätzlichen Aufnahmeräumen gleichzeitig den Film sehen, während sie an der Aufnahme arbeiteten, waren aber akustisch getrennt. Dies war nötig, da es damals keine Möglichkeiten gab Overdubs zu erstellen. Orchester, Geräuschmacher und Sprecher oder Sänger mussten also gemeinsam und gleichzeitig an einem Take arbeiten. Der große Saal ist für große sinfonische Orchesterbesetzungen geeignet und weist eine besonders hohe akustische Transparenz oder Durchhörbarkeit auf. Diese war damals vorteilhaft, da es nur ein Mikrofon gab, mit dem der gesamte Klangkörper erfasst werden musste. Ebenfalls Teil des Saals ist eine große Kinoorgel. Ihr Werk wurde auf die beiden Seiten neben der großen Saalscheibe verteilt. Diese Aufteilung wurde ihr fast zum Verhängnis, denn durch einen Planungsfehler oder durch am Ende doch erschöpftes Budget, war die Luftführung zwischen den beiden Seiten so gewählt, dass sich die Lufttemperatur auf dem Weg zu sehr veränderte, weshalb sich die Seiten gegeneinander verstimmten. Die Orgel war auch der erste Teil des Gebäudes, der unter Denkmalschutz gestellt wurde. Buchstäblich in letzter Sekunde, denn der Spieltisch war bereits vor das Gebäude geräumt und musste mit Hilfe der Polizei wieder zurückgebracht werden. Der kleinere, sozusagen gespiegelte Saal diente in erster Linie für die Aufnahmen der Geräuschemacher. Innerhalb dieses Raumes ist heute die große Regie der Synchron Stage untergebracht. Sie ist mit Lautsprechern von Adam Audio und Neumann für Aufnahmen bis hinauf zu Immersive-Formaten mit Höhenlautsprechern ausgestattet. Ihr Kernwerkzeug ist eine SSL Duality Delta-Konsole mit 96 Kanälen. Neben diesen beiden großen Räumen, gibt es einen weiteren kleinen Aufnahmesaal, Vocalbooth und eine zweite Regie. Letztere beheimatet eine weitere SSL Duality-Konsole mit immerhin 48 Kanälen.