Interview: Stefan Selent

Unsere Leser, meist Kolleginnen und Kollegen, arbeiten in den verschiedensten Bereichen unserer Branche. Viele davon natürlich im Studio, im Rundfunk und im Live-Betrieb, aber auch ein guter Teil in mehreren dieser Bereiche gleichzeitig, beziehungsweise parallel. Und dann gibt es noch einen Fachbereich, der all diese Disziplinen quasi in sich vereint. Das sind die Ü-Wägen. Die rollenden Ton- und Produktionsstudios, die ihre Dienstleistungen zum Kunden bringen, anstatt den Kunden ins Haus zu holen. Eine Szene, die mit den Besonderheiten der Live- und Studioarbeit gleichermaßen zurechtzukommen hat, dabei aber von den Veränderungen der Branche nicht ausgenommen ist. Auch hier kämpft man mit sinkenden Budgets, Ablösung durch Klein- und Kleinstdienstleister und der schwächelnden Stellung des linearen Radios und Fernsehens. Wir wollten wissen, wie man damit zurechtkommt und haben jemanden gefragt, der sich damit auskennt. Stefan Selent vom Berliner Ü-Wagendienstleister Mobilton.

Stefan Selent ist ein alter Freund, dem ich schon zum Beginn meiner professionellen Kariere bei unzähligen Gelegenheiten über den Weg gelaufen bin und in dessen Firma ich vor gut zehn Jahren selbst die Rolle des Technikers innehatte. Eine Rolle, in der man sehr viel lernt, über das wahre Leben als Tonschaffender und damit eine Rolle, die ich jedem jungen Leser nur wärmstens ans Herz legen kann. Die Arbeit auf dem Ü-Wagen ist vielleicht eine der vielfältigsten in unserer ganzen Branche. Mein Besuch bei Stefan Selent war somit natürlich nicht im Depot, sondern auf einer 'Mucke'. Ganz konkret beim Rundfunkgottesdienst am dritten Advent, landesweit (und über die Deutsche Welle weltweit) übertragen im Deutschlandfunk. Dieser Termin ist in gewisser Weise zufällig-bewusst ausgewählt, handelt es sich doch um einen ganz normalen Job, der zeigt, dass das 'tägliche Brot' eben nicht die Platin-Produktion ist, sondern die einfache Gesangsaufnahme, die Beschallung der mittelklassigen Bluesband und der Rundfunkgottesdienst mit Laienchor. Ist das schlimm? Natürlich nicht, es ist großartig! Gerade bei Menschen wie Stefan Selent brennt das Feuer für die Aufgabe, auch nach fast zwei Jahrzehnten noch immer. Jeder Kunde hat die beste Leistung verdient, für die er bezahlt hat. Und bei manchen Dienstleistern kriegt man sogar immer noch eine Schippe oben drauf. Mobilton wurde kurz nach der Wende von Hans Kaster gegründet, einem ehemaligen Toningenieur vom Fernsehen der DDR und im Januar 2010 an seinen langjährigen Mitarbeiter Stefan Selent verkauft. Mit Rücksicht auf die lange Freundschaft zwischen unserem Interviewpartner und dem Autor sei bitte verziehen, dass sich das Interview eher zum Fachgespräch entwickelt hat.