Interview: Real World Studios

Es gibt für Audiomenschen einfach ein paar legendäre Orte auf der Welt. Plätze, an denen großartige Aufnahmen entstanden sind, an denen Konzerte stattgefunden haben, nach denen uns noch unsere Enkel fragen werden, Studios in denen Millionenseller produziert wurden. Oder auch Orte wie die Real World Studios von Peter Gabriel, der im Englischen Box einen ganz besonderen Platz zum Musikmachen kreiert hat und ihn zu vergleichsweise günstigen Konditionen für besondere Aufnahmen zur Verfügung stellt. Und wenn es sich nun ergibt und man plötzlich einen Ort wie Real World besuchen darf, dann wird auch der 'härteste' Studio Magazin-Redakteur zum aufgeregten Kind. Meine lieben Kollegen Fritz Fey und Dieter Kahlen hatten vor Jahren die Gelegenheit Real World zu besuchen und nun war ich also dran...

Anlass war eine Vorführung von Audio Technica, bei der die 50er Mikrofonserie und besonders ihr neuester Spross AT5047 präsentiert werden sollten (siehe auch Mikrofontest in dieser Ausgabe). Zu diesem Zweck hatte Audio Technica nicht nur eine Hand voll Journalisten und Toningenieure aus Europa, sondern auch wirklich sehr besondere Musiker eingeladen, die ihr Künste im fantastischen Wood Room präsentierten und dabei natürlich von Mikrofonen den Herstellers aufgenommen wurden. Namentlich war dies das Chris Woods Groove Orchestra und der afrikanisch-englische Musiker Kweku Mainoo. Neben der Live-Performance, dem anschließenden Gegenhören in der großen Regie, sowie den unterschiedlichen Präsentationen des Mikrofonherstellers, gab es reichlich Zeit, den Studiokomplex zu erkunden und Gespräche mit den Mitarbeitern vor Ort zu führen. Diese blieb natürlich nicht ungenutzt.

Real World war für Peter Gabriel von Anfang an nicht nur ein privates Studioprojekt, sondern verfolgte die Idee, Anlaufstelle für die verschiedensten Musikstile der Welt zu sein. Musiker aus aller Herren Länder sollten hier die Möglichkeit bekommen, ihre Kunst in höchster Qualität zu konservieren. Zu diesem Zweck erwarb er in den 1980er Jahren eine alte Mühle, mit den zugehörigen Wohngebäuden, Nebengelassen und dem umgebenden Gelände. Real World liegt im Ärtchen Box, knapp 12 km von der Stadt Bath entfernt und ist in gut zwei Stunden von London aus zu erreichen. Die vorhandene Bebauung ist rund 200 Jahre alt und verströmt mit ihrem Feldsteinstil den romantischen Charme der englischen Provinz. Das Anwesen besteht dabei aus verschiedenen Gebäuden, in denen nicht nur das Studio, sondern auch zahlreiche Unterkünfte, die Verwaltung, Küche und Büros verschiedener Firmen, wie zum Beispiel des Labels Real World Records, untergebracht sind. Die Gebäude werden von reichlich Gelände umschlossen, welches eine üppige Vegetation, reichlich Wasser, aber auch der klassische 'englischen Rasen' schmückt. Zentrales Element im Garten ist der Fluss Bybrook, der nicht nur vorbei, sondern tatsächlich durch das Hauptgebäude fließt. Direkt vor dem Studiokomplex wird der Bybrook zu einem Teich aufgestaut, der bis an die Fensterscheiben des Big Room reicht und einen großen Anteil an der Atmosphäre in der Regie hat. Für Peter Gabriel war das Vorhandensein eines Flusses ein zwingendes Einschlusskriterium bei der Auswahl des Ortes für Real World. Auf der anderen Seite des Mühlengebäudes fließt der Bach durch einen angelegten Graben, eine uralte Weide neigt sich über die Wasseroberfläche. Der Ort verzaubert.