Hörtest: Neumann NDH 20

Als monatlich erscheinendes Fachmagazin hat man selten die Möglichkeit, eine brandheiße Meldung vor allen anderen Medien unter die Leute zu bringen. Das hat auch dieses Mal wieder nicht geklappt, denn dass Neumann jetzt auch einen Kopfhörer im Portfolio führt, war vor ein paar Wochen noch ein Grund zum Staunen – ‚onlinemedial‘ betrachtet ist diese Sensationsmeldung aber schon fast wieder ein alter Hut. Apropos ‚Sensationsmeldung‘, so sensationell ist es doch eigentlich gar nicht, wenn ein Mikrofonhersteller, der auch Studiomonitore eigener Entwicklung im Programm hat, sein Angebot mit einem ausgewiesenen Studiokopfhörer sinnvoll ergänzt. Sensationell ist das nur, wenn man eine einhundertprozentige Sennheiser-Tochter ist und damit einem Konzern angehört, der als einer der führenden Anbieter im Kopfhörersegment gelten kann. Also, was macht man als engagierter Redakteur? Man sucht nach Ähnlichkeiten im bestehenden Sennheiser-Kopfhörer-Programm zum NDH 20 und meint, mit dem Sennheiser HD 630VB sogar fündig geworden zu sein!

Allerdings trügt der Schein manchmal und meinem Rechercheergebnis geht gleich wieder der Wind aus den Segeln. Neumann, als Teil der Sennheiser-Gruppe, macht natürlich von vorhandenen Ressourcen Gebrauch, wo immer es sich als sinnvoll bei der Entwicklung eines neuen Produktes erweisen kann. Das Kopfband des HD 630VB und die Gelenkmechanik hatten es den Neumann-Entwicklern angetan, denn beides hatte sich schon bewährt, die Werkzeuge waren vorhanden und man muss schließlich das Rad nicht zweimal neu erfinden. Viele andere Komponenten wurden durch neue ersetzt, im Sinne einer Studioanwendung, zum Beispiel die Anschlusskabel, die deutlich länger geworden sind. Auch die Ohrmuscheln wurden neu gestaltet und mit neuen Treibern ausgestattet,  mit deren Entwicklung man sich bei Neumann ein halbes Jahr lang beschäftigte. Mit anderen Worten, es gibt Parallelen zum HD 630VB in Bezug auf die Mechanik, aber der Klang kommt wirklich von Neumann. Noch eine kleine Randnotiz, bevor wir uns das neue Klangwerkzeug näher anschauen. Hier und dort wurde schon darüber getuschelt, dass der NDH 20 ein ‚Made in China‘ Label trägt. Wahrscheinlich sind das die Leute, die ihr iPhone für ein amerikanisches Qualitätsprodukt halten. Stimmt, es wurden Teile eines Produktes wiederverwendet, das ursprünglich in China gefertigt wurde. Dies ist, so betont der Berliner Hersteller, aber nicht der Beginn einer generellen Verlagerung der gesamten Neumann-Produktion nach China. Die komplette Mikrofonfertigung bleibt weiter in Deutschland und die Herstellung der Studiomonitore ist gerade im Begriff, nach Tschechien verlagert zu werden.