Hörtest: Bohne Audio BB-10

Seit gut einem Jahr stehe ich nun mit Jörg Bohne in Kontakt. Bei Telefonaten in längeren zeitlichen Abständen wurde immer wieder das Versprechen erneuert, ‚demnächst mal einen Hörtest zu machen‘. Irgendetwas kam aber immer dazwischen, bis zum 22. November, dem Tag, an dem wir uns im Keusgen Tonstudio zu einer Hörsession trafen. Ich kam mit einem Nagel im Hinterreifen gerade noch so im Studio an, was am Abend und dem Tag darauf in einer längeren Service-Odyssee gipfelte. Aber egal, ich war erst einmal da, und neugierig, was ich zu hören bekommen würde. Die eigenwillige Form des BB-10-Lautsprechers, die die gesamte Serie aus bislang fünf Stand- und Kompaktlautsprechern charakterisiert, wird durch einen annähernden Würfel mit aufgesetzter Platte bestimmt, in der sich ein als echter Dipol arbeitendes Bändchen befindet. Kurioserweise ist der BB-10, genau wie seine restliche Familie, eigentlich weder ein aktiver, noch ein passiver Lautsprecher. Einigen wir uns auf den Begriff ‚digital-aktiv‘, der im Folgenden noch näher erläutert werden wird. Im Lautsprechergehäuse befinden sich tatsächlich keine Bauteile außer den Chassis selbst. Alles andere wohnt in unserem konkreten Fall in einer SHD miniDSP Vorstufe mit AD/DA-Wandlung, verschiedensten I/O-Anschlussformaten und einer im Hause Bohne selbst entwickelten Class A/B-Endstufe mit vier Kanälen.

Es ist bei Studiolautsprechern eher unüblich, dass zu einem Test oder einer Installation beim Kunden eine Raumeinmessung angekündigt wird. Jörg Bohne sprach jedoch davon, als wäre dies das Selbstverständlichste der Welt. An dieser Stelle teilen sich dann auch gleich mindestens zwei Meinungslager, beide mit unbedingtem Anspruch an Perfektion. Die einen bevorzugen eine bis ins Detail optimierte Raumakustik, die eine elektronische Entzerrung überflüssig macht und den Lautsprecher so spielen lässt, wie er entwickelt wurde – die anderen wollen darüber hinaus eine komplett lineare Übertragungsfunktion im Bereich der Abhörposition mit Hilfe einer Korrekturentzerrung. Es gibt aber auch Anwender, die bereit sind, aus Kostengründen auf einige aufwändige Baumaßnahmen zugunsten einer EQ-Lösung zu verzichten. Damit wären die wesentlichen Standpunkte weitgehend charakterisiert. Es würde zu weit führen, hier tiefer in die Materie einzusteigen, wichtig ist im Zusammenhang mit unserem Test momentan nur, dass die Bohne Audio BB-10 vor dem Hörtest eingemessen wurden. Auf Details gehen wir später ein. Die Firma Bohne Audio ist, wenn man die audiophile Fachpresse liest, sehr erfolgreich unterwegs, und möchte nun auch im Profisegment Fuß fassen, denn der technologisch-physikalische Ansatz der Lautsprecher von Bohne Audio trifft eigentlich genau das, was die Profis wollen – eine authentische, impulstreue, zeit- und frequenzrichtige Abbildung von Schallereignissen, die vollkommen transparent ist. Inhaber Jörg Bohne ist Musiker und Universaltalent, anders formuliert Schlagzeuger und Physiker, der schon in seiner Jugend begann, mit Elektronik und Lautsprechern zu experimentieren. Als Schlagzeuger lebt man in der Welt der Impulse und je authentischer diese über einen Lautsprecher abgebildet werden können, desto echter wird die Musik klingen. Wie bekannt ist, erkennen wir Instrumente vor allem an ihrem Einschwingverhalten, der darauf folgende Ton lässt in vielen Fällen keine weitere Bewertung mehr zu. Der Physiker in Jörg Bohne war also gefragt, einen Lautsprecher zu entwickeln, der auf maximale Beschleunigung optimiert ist, um genau dieses Einschwingverhalten abzubilden. Aus der Mikrofontechnik kennen wir das Bändchen als sehr schnellen Schallwandler, und auch in der Lautsprecherentwicklung hat das Bändchen aufgrund seiner Eigenschaften bereits Spuren hinterlassen. Nach zahlreichen Versuchen landete auch Jörg Bohne beim Bändchen, fand im Komponentenmarkt allerdings nichts, was seinen Ansprüchen und Vorstellungen hätte genügen können. Das Ergebnis – Sie ahnen es bereits – war, selbst einen Bändchen-Treiber zu entwickeln. Voraus gingen jedoch umfangreiche Untersuchungen im Rahmen einer Universitätsstudie zur Tonentstehung bei Musikinstrumenten. Mit Hochgeschwindigkeitskameras wurden Trommelanschläge, Einschwingvorgänge von Gitarrensaiten oder der Bogenanstrich von Violinen ‚beobachtet‘ und analysiert. Daraus leitete Jörg Bohne Anforderungen für die Transienten-Wiedergabe ab und entwickelte Bändchen-Treiber für verschiedene Übertragungsbereiche mit auf den Mittel/Tieftöner ‚klassischer‘ Bauart abgestimmten Übergangsfrequenzen. Ein Bändchen besitzt eine sehr geringe Masse und eine verhältnismäßig große Schall abstrahlende, elektrisch leitfähige Fläche, die direkt an die Umgebungsluft angekoppelt ist und so verlustfrei Bewegungsenergie umsetzen kann. In den letzten Jahren brachte Jörg Bohne seine Bändchen-Entwicklung, die verschiedene Optimierungsstufen durchlief, zur Serienreife, die zur Grundlage für eine komplette Lautsprecherfamilie aus Stand- und Kompakt-Lautsprechern für Hifi- und Heimkino wurde, und sich jetzt anschickt, auch in die Studiowelt vorzudringen.