Hintergrund: Home Entertainment Dolby Atmos II

Nachdem wir uns im ersten Teil unserer kleinen Dolby-Atmos-Reihe mit den raumakustischen Anforderungen, den Spezifikationen für die Lautsprecheranordnung und den erforderlichen technischen Eigenschaften der eingesetzten Lautsprecher selbst beschäftigt haben, wollen wir in diesem Teil näher auf die technische Infrastruktur und Ausstattung des produzierenden Studios eingehen. Die ‚Heimkino-Version‘ des Dolby Atmos Formates – ‚Home Entertainment Dolby Atmos‘ oder ‚Home-Atmos‘ – arbeitet genau wie ‚Kino‘ Dolby Atmos mit Beds, Objekten und Metadaten. Für den Weg ins Wohnzimmer, sei es auf Blu-Ray, für Streaming oder die Live-Übertragung, wird die Mischung dann encodiert. Dafür stehen zwei Codecs zur Wahl: Dolby Digital Plus und Dolby TrueHD. Dolby TrueHD verfügt als verlustfreier Codec über eine vergleichsweise hohe Bitrate und kommt daher vor allem für das Blu-Ray-Authoring zum Einsatz. Dolby Digital Plus basiert auf einem Datenreduktionsverfahren und beinhaltet Bitraten von 480 bis 640 kB/s. Damit ist dieses Format die Wahl für Streaming und Live-TV. Im heimischen Wohnzimmer kommt der Blu-Ray-Player zum Einsatz, wobei beide Datenstromvarianten Teil der Blu-Ray-Spezifikationen sind, für Streaming oder Live-TV existieren mittlerweile eine ganze Reihe geeigneter Gerätschaften, mit steigender Tendenz, von AppleTV über Amazon FireTV, Microsoft Xbox oder auch diverse Smart-TVs und mobile Premium-Endgeräte. Zu Hause wird über HDMI der Atmos-Datenstrom an einen Atmos-kompatiblen Receiver übergeben und von dort aus über die angeschlossenen Lautsprecher übertragen.

An diesem Punkt darf man sich auf Produktionsseite keiner Illusion hingeben. Natürlich werden gut betuchte Heimkino-Besitzer nach einer normgerechten Lautsprecheranordnung streben, die praktisch die Home-Atmos-Anforderungen im Studio abbildet, in den meisten Fällen aber wird es wohl doch die Familie Mustermann sein, die sich wahlweise über Soundbars oder Kopfhörervirtualisierung dem 3D-Genuss nähert. Aber genau hier steckt für ein Studio die riesige Chance, sich als Audioprofi von der Masse der ‚Auch-Könner‘ abzusetzen. Dolby Atmos wird das ‚Next Big Thing‘ sein, auch in der Musikproduktion. Die Dolby Atmos Heim-Variante wurde erstmals im Jahre 2014 vorgestellt. Mittlerweile findet man dieses Format auf vielen Blu-Rays, aber auch bei den wichtigen Streamingdiensten und im Bereich des Bezahlfernsehens oder der Sport-Live-Übertragung. Dem größten Hindernis, der im Vergleich zu 5.1 Surround noch größeren Anzahl von Lautsprechern in einem Wohnzimmer, das, wie der Name schon vermuten lässt, eigentlich zum Wohnen und nicht als Dolby Atmos Showroom dienen soll, wird mit Soundbars und speziellen nach oben strahlenden Standlautsprechern, sogenannten ‚Upfiring Speakers‘ entgegnet, die sich gezielt Raumreflexionen zunutze machen, um einen immersiven Effekt ohne physikalisch vorhandene Lautsprecher zu erreichen. Das funktioniert eigentlich besser als erwartet und spricht daher für einen Erfolg von Home-Atmos auf breiterer Front. Soundbars bieten hier die beste Alternative, da sie auch den Klang des Fernsehtons allgemein verbessern, der seit der Erfindung des Flachbildschirms doch enorm gelitten hat. Wer im Studio ein Soundbar-System für Kompatibilitätsprüfungen einsetzen möchte, sollte dies nicht im Studio, sondern eher im Aufenthaltsraum tun. Immersiv arbeitende Soundbar-Systeme leben von der Decken- und eventuell auch von der Seitenwandreflexion in einem Raum – undenkbar in einer raumakustisch sinnvoll geplanten Regie. Wie wir im letzten Teil schon erarbeitet haben, werden Home-Atmos-Mischungen in Regieräumen mittlerer Größe durchgeführt, also auf etwa 25 bis 50 Quadratmetern. Sieben Lautsprecher auf Ohrhöhe mit LCR, Side- und Rear-Surrounds, vier Lautsprecher (Top-Surrounds) an der Decke quadratisch-symmetrisch zur Abhörposition angeordnet und ein Subwoofer bilden die Abhörbasis für einen solchen Regieraum.