Interview: Andreas Grosser

Vorwort der Chefredaktion: In diesem Jahr mussten wir uns von Andreas Grosser verabschieden, der am 8. Juli im Alter von nur 65 Jahren überraschend verstarb. Andreas ist ein begnadeter Mikrofonspezialist, der weltweit als Restaurator, Service-Fachmann und Entwickler bekannt ist. Es gibt auf diesem Planeten wohl nur sehr wenige Menschen, die über ein solch geballtes Wissen auf dem Gebiet der Mikrofontechnik verfügen. Ob historische oder zeitaktuelle Mikrofone – Andreas konnte sie zu neuem Leben erwecken, entwickelte Ersatzkomponenten und -schaltungen für nicht mehr verfügbare Bauteile und sogar komplette Mikrofone, wie unser einleitender Artikel schon zu berichten weiß. Die Redaktion des Studio Magazins möchte zum Jahreswechsel mit der Veröffentlichung eines Interviews an diesen besonderen Menschen und Mikrofon-Guru erinnern, das Friedemann Kootz im Jahre 2008 führen durfte und das sich auch 2023 zum größten Teil noch so aktuell liest, als hätte es erst gestern stattgefunden.

Wenn man sich mit Röhrenmikrofonen beschäftigt, stößt man früher oder später auf den Namen Andreas Grosser. Seit vielen Jahren gilt er als Experte auf dem Gebiet der Mikrofontechnik. Vor allem für Liebhaber der klassischen Schätze deutscher Provenienz ist er eine der absoluten Fachkräfte in unserer Branche. Andreas Grosser begann seine Karriere mit einer Ausbildung bei der ‚grauen Post‘ (Telekom), die aber nicht die üblichen zwei Jahre Ausbildungszeit, sondern eine Erweiterung auf drei Jahre einschloss. Gefolgt von diversen Weiterbildungslehrgängen bot sich ihm die Möglichkeit in viele verschiedene Bereiche des Unternehmens Einblicke zu erlangen und er befasste sich intensiv mit Digital- sowie Nieder-, Träger-, und Hochfrequenztechnik. 1980 wechselte er zur Firma Hausmann Concert Electronik in Berlin Tegel, wo er nicht nur als Service- und Reparaturtechniker für professionelle Audiogeräte, sondern später auch als Zweigstellenleiter tätig war. Durch die Arbeit im Service spezialisierte er sich nebenbei auf Studiomikrofone. In dieser Zeit tauchten auch immer wieder Mikrofone auf, die sein besonderes Interesse weckten. Sie trugen zwar den Neumann-Schriftzug, aber selbst die Mitarbeiter von Neumann Berlin konnten damit nichts anfangen – Mikrofone, die auf abenteuerliche Weise in Koffern und Taschen von Omas, Opas oder Tanten aus der ehemaligen DDR mitgebracht wurden und im Westteil der Stadt Berlin weitgehend unbekannt waren, wurden eines seiner Spezialgebiete. Bereits 1984 gründete er seine eigene Mikrofonservicefirma, arbeitete jedoch noch zehn Jahre weiterhin als Angestellter bei Hausmann, GTC und Audiosonic. 1994 entschloss er sich endgültig in die Selbstständigkeit zu wechseln. Inzwischen genießt er weltweit Anerkennung und steht mit den beiden Verursachern seiner Leidenschaft, Neumann und Microtech Gefell (MTG), in gutem und freundschaftlichem Kontakt. Ich traf Andreas Grosser in seiner Werkstatt am Rand von Berlin und möchte Sie nun einladen an unserem Gespräch teilzuhaben, das mit einem Monolog beginnt…