Testbericht: Wavesfactory Equalizer

Wavesfactory ist eine ‚One-Man-Show‘, gegründet von Jesús Ginard im Jahre 2010, der dort lebt und arbeitet, wo andere Urlaub machen – in Artà, einem kleinen Städtchen im Nordosten der schönen Baleareninsel Mallorca. Das kleine, aber feine Unternehmen ist durch einige sehr erfolgreiche Plug-In-Entwicklungen bekannt geworden, die in der internationalen Studioszene sehr geschätzt werden, zum Beispiel den Trackspacer, ein sehr effizientes ‚Frequenzbereinigungs-Werkzeug‘, oder Spectre, ein von mir selbst sehr oft im Mastering eingesetztes Sättigungs-Plug-In, das man wie einen Equalizer bedient, der nur anheben und prinzipbedingt nicht absenken kann. Das Stichwort ‚Equalizer‘ kommt hier gerade passend, denn das im vorliegenden Beitrag getestete Plug-In heißt schlicht ‚Equalizer‘ und will ein Vertreter dieser Gattung in wirklich strenger verstandenem Sinne sein. Über die Bedeutung und Herkunft des Begriffs ‚Equalizer‘ wird heute nicht mehr sehr viel nachgedacht, sondern es wird gebogen und geschraubt, was das Zeug hält. Das englische Verb ‚to equalize‘ übersetzt sich allerdings sehr viel treffender mit ‚ausgleichen‘. Genau das war der Zweck der ersten Equalizer (dt. ‚Entzerrer), nämlich den Klang zu ‚glätten‘. So weit ich das im Netz recherchieren konnte, wurden erste einfache Entzerrer in den 1920er Jahren eingesetzt, um Frequenzgänge von Übertragungssystemen zu optimieren, sprich zu ‚egalisieren‘. Der grafische Equalizer, der identische Filter im Dritteloktav-Abstand über das Spektrum verteilt, nutzt die Position der Schieberegler zur optischen Darstellung der eingestellten Korrekturkurve. Genau dieses Bild muss Jesús Ginard vor Augen gehabt haben, als er das Konzept seines ‚Equalizers‘ entwickelte.

Ein EQ wird inzwischen weniger zum Angleichen als zur Betonung oder Abschwächung einzelner Bereiche und zum geschmacklich-kreativen Verstellen von Frequenzgängen benutzt. Wie sinnvoll wäre es denn, einen Equalizer zu haben, der prinzipiell nach einer linearen Kurve strebt – dynamisch und automatisch? Die Antwort auf diese Frage gibt der Wavesfactory EQ, der das Spektrum in 32 Bänder aufteilt und permanent, also latenzfrei auf Sample-Ebene, versucht, alle Frequenzen in einem dynamischen Dauerprozess gleich laut zu machen. Diese Idee ist etwas abstrus, aber auf dem Weg zum Ziel, wenn er sich gestalten lässt, kann ein solches Konzept sehr spannend sein. Wavesfactory EQ analysiert den Pegel des hereinkommenden Signals für jedes Band separat und leitet daraus einen Zielpegel ab, der dann durch Anhebung oder Absenkung abhängig von den Zeitkonstanten Attack und Release eingestellt wird. Das Geheimnis des Konzeptes ist der interne Selbstbezug, das heißt, Wavesfactory EQ verwendet sein eigenes Pegelmanagement oder Regelverhalten, um die vom Eingangssignal abhängige optimale Kurve einzustellen. Es gibt dafür keine externe Abhängigkeit oder vordefinierte Zielkurve. Ich würde es daher so formulieren, dass das Plug-In eine Glättung und keine Linearisierung durchführt, obwohl die spektrale Energieverteilung des Eingangssignals Grundlage für den Regelprozess ist, wie man mit einem einfachen Versuch feststellen kann. Mehr dazu im Abschnitt ‚Praxis und Hören‘. Es gibt schon eine ganze Reihe von dynamisch arbeitenden Equalizern, die bestimmte Zielkurven zugrunde legen und anstreben, teils auch nach hörphysiologischen Gesichtspunkten entwickelt, zum Beispiel Gullfoss von Soundtheory, Teote von Voxengo, Soothe von Oeksound oder DSEQ von TBProAudio. Welchen Nutzen ein solches Werkzeug in der Produktionspraxis haben kann – auch damit wollen wir uns im Abschnitt ‚Praxis und Hören‘ eingehender beschäftigen. Zunächst einmal schauen wir uns die Bedienoberfläche an.