Interview: die:mischbatterie

Wenn man die A8 in Richtung Rosenheim fährt, sieht man im Hintergrund bereits ein Bergpanorama mit schneebedeckten Gipfeln und Hinweisschilder, auf denen Städtenamen wie Innsbruck oder Salzburg Erwähnung finden. Das versetzt einen Jungen aus dem Pott wie mich bereits in stummes Erstaunen. Die höchste Erhebung bei mir zu Hause ist der im Volksmund als ‚Monte Schlacko‘ bekannte Abraumhügel der inzwischen stillgelegten Zeche Haniel. Kein Wunder also, wenn sich bei mir unerwartet Urlaubsgefühle einstellen. Mein Ziel ist ‚die:mischbatterie‘ im kleinen Örtchen Riedering, einer 5.000-Seelen-Gemeinde im Landkreis Rosenheim. Mit dieser Reise löse ich ein lang gegebenes Versprechen ein, meinen Gesprächspartner Stephan Zeh in seinem Studio ‚die:mischbatterie‘ zu besuchen, kein wirklich selbstloser Akt, denn ich wollte unbedingt die 8068 sehen, anfassen und vor allem hören. Das Studio-Refugium von Stefan Zeh, ein unterirdischer Anbau an das private Haus, strahlt sofort Geborgenheit aus – ein Ort zum rundum Wohlfühlen, aber auch zum konzentrierten Arbeiten in aller Abgeschiedenheit. Hier will man einfach gerne sein.

In unserem Studio-Special des Jahres 2020 spielte Stephan Zeh schon einmal eine tragende Rolle, in der mit ‚Zurück in die Zukunft‘ titelnden Story über ihn, seine Klangphilosophie, Arbeitsweise und sein Studio. Dieses Studio ist wahrhaftig keines von der Stange und folgt noch viel weniger vorgefertigten Lösungen, sondern trägt die ganz persönliche Handschrift seines Betreibers. Ein Zitat aus dem damaligen Beitrag beschreibt mit wenigen Worten sehr treffend, mit wem wir es hier gleich zu tun haben werden: ‚Stephan Zeh hat seinen eigenen Kopf, stellt Bequemlichkeit nicht vor Klangqualität, und folgt einer Philosophie, die nicht von Reinheit und Transparenz, sondern von Farbe und Charakter geleitet ist.‘ Eine wesentliche Rolle in diesem Kontext spielt die inzwischen in Betrieb genommene Custom Neve 8068 Konsole. Das abgelöste digital gesteuerte, analoge Euphonix-Mischpult fand erfreulicherweise relativ schnell einen neuen Besitzer in Paris. Zum damaligen Zeitpunkt (August 2020) befand sich die Vintage-Neve noch im Restaurationsprozess, so dass die vorhandenen Module zunächst als Outboard bei Aufnahme und Mischung zum Einsatz kamen. Das, was andere erfolgreiche Toningenieure ‚In the Box‘ in Form mehr oder weniger komplexer Bus-Strukturen umsetzen, macht Stephan Zeh mit analoger Hardware. Die Neve-Konsole ist dabei als Recording-Frontend ein wesentlicher Faktor für den Sound des Studios. Die Geschichte der Neve-Konsole sei hier zur Auffrischung in kurzen Zügen noch einmal geschildert. Sie begann mit der Anschaffung von zwei Neve-Kanälen, dessen Klang Stephan Zeh veranlassten, ein nächstes großes Ziel für sich und sein Studio zu definieren, nämlich die Anschaffung einer Vintage-Neve-Konsole. Nach einem ersten geplatzten Deal mit glücklicherweise überschaubarem wirtschaftlichen Schaden in Form eines Wechselkursverlustes begann mein Gesprächspartner, Neve-Module zusammenzukaufen, als Trostpflaster für den vorerst begrabenen Traum. Während die ‚Neve-Konsole im Rack‘ wuchs, fand sich ein günstiger Neve 8068 Rahmen, der nur mit Basistechnik ausgestattet war. Er kam in einem relativ bedauernswerten und natürlich dementsprechend enttäuschenden Gesamtzustand in Deutschland an, nach einer langen Reise aus Australien. An dieser Stelle beginnt die Geschichte des kompletten Neuaufbaus dieses Pultes, mit einer selbst hergestellten ‚Center-Section‘, in die ein angewinkelter Bildschirm und DAW-Controller-Hardware maßgeschneidert Platz findet. Die Stromversorgung wurde erneuert, die Länge der Kabelwege optimiert und die Optik nach historischem Vorbild liebevoll aufgearbeitet.