Testbericht: Dangerous Music 2-Bus-XT

Früher, also vor vierzig Jahren, kannte man den Begriff ‚analoge Summierung‘ noch nicht, denn analoges Summieren war einfach Mischen, mit einem analogen Mischpult von einer analogen Bandmaschine. So blieb das auch noch eine ganze Weile, selbst mit der Einführung hochpreisiger digitaler Bandmaschinen (DASH, PD, DMS) und der darauf folgenden ersten kleinen ‚Revolution‘ durch R-DAT, ADAT, DTRS und, wenig später,  kompakte, bezahlbare Festplatten-Mehrspur-Recorder. Gemischt wurde am Ende immer analog, weshalb alle diese digitalen Aufzeichnungssysteme vordergründig mit analogen Ein- und Ausgängen ausgestattet waren und sich im Systemverbund wie analoges Equipment verhielten. Als die ersten digitalen Mischpulte für die Studios greifbar wurden, trat die Klangqualität zunächst etwas in den Hintergrund. Wir waren alle geblendet. Jeder liebäugelte mit den Segnungen einer vollständigen dynamischen Automation, mit Snapshots und ‚Total Reset‘. Der Traum von der Speicherbarkeit und Wiederholbarkeit einer Mischung wurde endlich wahr, wen interessierte da noch der Sound? Das war ja nie ein Problem, also warum jetzt?

Das Festhalten an alten Strukturen – Mischpult und Aufzeichnungsgerät als getrennte Ebenen – ließ in diesen Jahren kaum Raum für die Vorstellung, das komplette Studio könnte eines Tages in eine virtuelle Welt umziehen und sich als ‚fotorealistische Animation‘ auf Bildschirmen abspielen. Das war so sensationell und unvorstellbar, dass wir alle darüber vergaßen, wie schlecht digitale Systeme in den Anfangsjahren eigentlich klangen, nicht einmal im Ansatz mit heutiger Wandler-Technologie vergleichbar, denn wir hörten ja nicht die Digitaltechnik als solche, sondern, was die Wandler am Ein- und Ausgang des PCM-Universums daraus machten. Es wurde viel von ‚digitaler Kälte‘ gesprochen, und wie man ihr durch den Einsatz analoger Technik entgegenwirken könnte. Als die AD/DA-Wandler schließlich laufen lernten, fingen wir an, darüber nachzudenken, wie man denn all die vertraute, mit den Ohren liebgewonnene Analogtechnik künftig weiter in den Produktionsprozess einbinden könnte. Das rief die Software-Entwickler auf den Plan, die sich damit brüsteten, uns mit täuschend echten, akribisch und mit übermenschlichem Aufwand erarbeiteten digitalen Emulationen analoger Klassiker versorgen zu können. Wie sich zunächst herausstellte, traf das in erster Linie für die verblüffend fotorealistische Abbildung der Bedienoberfläche des emulierten Gerätes zu, nicht so sehr für die klanglichen Eigenschaften. Aber, das trügerisch echte Bild vor Augen, war der Anwender verleitet, etwas zu hören, was er eigentlich eher sah. Bis heute hat sich daher in vielen Köpfen die Ansicht festgesetzt, dass nur analoge Geräte den Klang liefern, den wir alle so lieben. Inzwischen sind wir jedoch an einem Punkt angekommen, an dem diese These etwas ins Wanken gerät. Analoge Textur ist – in gar nicht so wenigen Fällen – inzwischen auch mit digitalen Mitteln umsetzbar, so gut, dass man bisweilen wirklich staunen muss. Als Beispiele will ich hier Neold oder Vertigo Sound anführen, die für mich einen herausragend echten Analogklang liefern. Dennoch schwören Mastering-Ingenieure weiterhin auf ihre ‚bei Vollmond mundgeklöppelten‘ analogen Schätze und viele Mixing-Ingenieure bauen weiterhin analoge Summierung in ihren Arbeitsprozess ein – womit wir beim eigentlichen Thema dieses Beitrags angekommen sind. Viele, auch prominente, Tonkollegen sind längst ITB (In The Box). Das einzige, was in ihrem Studio noch analog ist, sind ihre Lautsprecher und Kopfhörer, gespeist von einem D/A-Wandler mit zwei Kanälen, wenn es um Stereo geht. Ich habe viel Literatur gelesen, die mit wissenschaftlicher Beweisführung (zum Beispiel von der Wortbreite abhängige Rundungsfehler) argumentiert, warum analoge Summierung auf jeden Fall besser klingen muss, oder andersherum, warum das alles Mumpitz und längst überholt ist.