Testbericht: Lake People MC100

Es gab tatsächlich mal eine Zeit ohne Monitor-Controller, stattdessen mit einer entsprechenden Sektion im Mischpult, die je nach Preis- und Qualitätsklasse der Konsole mehr oder weniger umfangreich ausgestattet war. Die ersten Monitor-Controller, aber auch solche, die gerade jetzt das Licht der Welt erblicken, verkörpern daher dem Wesen nach einen herausgelösten Funktionsblock aus einer analogen Konsole. Nahezu alle Ideen, die in Monitor-Controllern stecken, stammen aus dieser Zeit und haben daher eine lange Historie und auch Bewährungsphase auf dem Buckel. Manches ist aufgrund des ständigen Wandels aus dem Fokus geraten, manches aktuellen Arbeitsweisen oder Anforderungen angepasst. Die Monitor-Sektion in einem Mischpult war mit der Struktur des Summenblocks tief verwoben, da alle Signale, die in einem Studio existierten, im Mischpult gebündelt wurden, auch die von zahlreichen externen Zuspielern. Die heutige Struktur eines Studios ohne Mischpult gilt es für jeden Monitor-Controller möglichst sinnvoll zusammenzufügen, im Dialog mit den Möglichkeiten einer DAW, denn dort sind nun Funktionsdetails aus der Mischpultebene wie zum Beispiel Solo-In-Place, Mix-To-Cue und andere Spezialitäten verortet, die sich außerhalb des Zugriffs eines externen Monitor-Controllers bewegen.

Bei den meisten dieser Funktionen kann die DAW ohne integrierte Monitorsektion keinen Unterschied zwischen der abgehörten und aufgenommenen Stereosumme machen, was in analogen Mischpulten viel eleganter gelöst war. Monitor-Sektionen in Großformat-Konsolen waren schon sehr komplex, allerdings simpel im Vergleich zur DAW, die nicht nur das Mischpult, sondern den gesamten Rest eines Studios inklusive Outboard-Equipment bereitstellt. Obwohl einige DAWs, wie zum Beispiel Cubase/Nuendo, über eine eigene, in der Software abgebildete Monitor-Sektion verfügen, findet man kaum ein Studio, egal welcher Kategorie, das nicht über einen separaten Monitor-Controller verfügen würde, auch wenn sich dessen Herrlichkeit manchmal in einem ‚externen‘ Drehknopf für die Abhörlautstärke erschöpft, die, allein schon wegen der Gefahr von ‚überraschenden Pegeln‘, gelegentlich sehr schnell reduziert werden muss, bevor Lautsprecher, Gehör oder beides Schaden nehmen. Einen Monitor-Controller auf die Funktion einer Notbremse zu reduzieren, wäre allerdings zu kurz gegriffen, denn das Abhörzentrum in einem Studio sollte schon mehr als das zu bieten haben. Eine weitere Rolle, die dem Monitor-Controller im Laufe der Jahre zugesprochen wurde, ist seine neutrale, sich auf Referenzebene bewegende Signalqualität, die im Abhörzweig von analogen Konsolen nicht zwangsläufig der Schwerpunkt war. Vor allem die Mastering-Studios legen hier größten Wert auf die Reinheit der Übertragung, während Produktionsstudios vielleicht eher das Feature-Set im Auge haben. Mit dem Anspruch, beides sinnvoll miteinander zu kombinieren, ohne dass der Anschaffungspreis in astronomische Höhen schießt, tritt ein neuer Kandidat am Monitor-Controller-Himmel in den Ring – der MC100 von Lake People. Das seit seiner Gründung im Jahre 1986 in Konstanz ansässige Unternehmen schaut bereits auf eine über 35 Jahre währende Geschichte zurück, zunächst als Anbieter professioneller Audiolösungen, später auch hochwertiger HiFi-Komponenten, verbunden mit zwei neuen Marken ‚Violectric‘ und ‚Niimbus‘ (mit doppeltem i). Unternehmensgründer Fried Reim konzentrierte sein Kerngeschäft zunächst auf die Studiotechnik, mit Mikrofonvorverstärkern, Symmetrier- und Summierverstärkern, Signalsplittern, Wandlern, Formatkonvertern und anderen professionellen Helfern. Mit der Marke ‚Violectric‘ wurde schließlich das Geschäftsfeld sehr erfolgreich auf den HiFi-Sektor erweitert, später gesellte sich ‚Niimbus‘ als Synonym für das absolute Premiumsegment dazu. Mit Beginn des Jahres 2020 definierte Fried Reim seine Rolle neu, in dem er sein Unternehmen an die cma audio GmbH verkaufte, dessen Inhaber Christof Mallmann auch Geschäftsführer der Lake People Electronic GmbH wurde. Seither konzentriert sich Fried Reim als Vorsitzender des Beirats ausschließlich auf Entwicklung und Fertigung in seiner Konstanzer Heimat und versucht, weniger zu arbeiten – ein Plan, der nach eigener Aussage noch deutlich Luft nach oben hat.