Story: Hey Jude - eine Reise in die analoge Vergangenheit
Paul McCartney komponierte 1968 ‚Hey Jude‘ unterwegs in seinem Aston Martin, um John Lennons Sohn Julian nach der Trennung seiner Eltern zu trösten. 1968 waren auch die Beatles in einer strittigen Phase. Toningenieur Geoff Emerick warf aufgrund der ständigen Beleidigungen innerhalb der Gruppe das Handtuch und die Beatles störte schon seit längerem die Weiße-Kittel-Hierarchie der Abbey Road Studios. Sie wollten lieber eine lockere Atmosphäre mit sanften Marihuana-Pflanzen als Deko... daher wurden im Jahr 68 sowohl das ‚Weiße Album‘ als auch drei Monate vorher der Song ‚Hey Jude‘ zum Teil in den Trident Studios aufgenommen (mit Deko...). Obwohl in der Abbey Road zu dieser Zeit sowohl acht Studer J37 in 1-Zoll-Vierkanaltechnik als auch das legendäre REDD 5.1
Pult und die Fairchild 660 Kompressoren für Vocals und Drums vorhanden waren, wechselten die Beatles für ‚Hey Jude‘ in die gerade gegründeten Londoner Trident Studios, die als erste im Vereinigten Königreich eine brandneue Ampex 8-Spur mit Dolby A besaßen. Allerdings noch nicht das legendäre Trident A Range Pult für eine vorgesehene Stereomischung. Erst 1969, kurz vor der Trennung der Band, fand die finale Stereomischung von Hey Jude mit George Martin und Geoff Emerick dann wieder in den EMI Studios statt, mit einem ‚modernen‘ TG12345 Transistorpult. Es war daher auch tontechnisch eine Phase des Umbruchs von Mono auf Stereo und die Beatles gehörten zu den Bands, bei denen die Produktionsweise zum eigenen Kunstwerk wurde. Wer heute Aufnahmen aus der mittleren und späten Schaffensphase der Beatles hört, erlebt nicht einfach einen guten Song, er hört auch, wie der Song gemacht wurde.
Ebenso 1968: Mein Onkel war Aufnahmeleiter bei der EMI Electrola in Köln und ich durfte dort nach meiner Lehre als Radio-Fernsehtechniker ein Volontariat in allen Abteilungen absolvieren. Die EMI am Maarweg rüstete damals zeitgleich mit den Abbey Road Studios auf Stereo um – und mein Onkel drückte mir ein ‚unverkäufliches Muster‘ des White Albums der Beatles in die Hand – mit der Bemerkung ‚ist Stereo…‘. Damit war mein Berufswunsch ziemlich klar. Nun nach 45 Tonkutscher-Jahren angefangen mit V72 Technik bis zum immersiven Klötzchenschieben auf der DAW, sehne ich mich wieder nach dieser doch so kreativen analogen Zeit zurück und so entstand in den letzten Jahren mein Kellerstudio mit glimmenden Röhren, dem Altec-Abhörsystem, dem Fairchild, der analogen 8-Spur, der Studer A80 und dem schönsten Röhren-Hybrid-Pult. Nicht nur, dass meine liebe Frau mich damit täglich ausgeglichen und glücklich erlebt – sondern ich stelle wiederholt fest – in all den Jahren ist ein Hörstandard geblieben, der immer wieder überzeugt – eben wie mein Onkel damals bemerkte: ‚ist Stereo…‘.