Testbericht: Neumann KH 150 + MA 1

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit, in der eine elektronische Korrektur von Lautsprechern offiziell verpönt war. Aber selbst namhafte Studios dieser Ära, wir sprechen hier von den 70ern und 80ern, versteckten im Maschinenraum grafische Equalizer mit zum Teil abenteuerlichen Einstellungen, die mit den Ohren gefunden worden waren, um eine korrekte Übersetzung des im Studio Gehörten in die Außenwelt zu begünstigen. Gezeigt wurde so etwas nicht einmal der eigenen Mutter. Auch heute noch gibt es Puristen, die eine elektronische Korrektur des Abhörsystems niemals akzeptieren würden, da dies ihrer Ansicht nach einer Vergewaltigung der Eigenschaften des Lautsprechers gleichkäme, die er vom Hersteller mit auf den Weg aus dem Labor und Messraum bekommen hat. Nun, wir wissen, dass der Raum einen sehr großen Einfluss auf die Übertragungsfunktion der Lautsprecher am Abhörplatz hat, weshalb Korrektur-Systeme, manuell oder automatisch, sich mittlerweile großer Beliebtheit erfreuen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Räume in einem breiter werdenden Amateurmarkt immer schlechter werden. Wir wissen auch, dass eine elektronische Korrektur kein Allheilmittel ist, sondern, dass es einer sorgfältig geplanten Raumakustik bedarf, damit der Korrektur-EQ im günstigen Fall nur noch sehr wenig zu tun hat. An diesem Punkt, aber auch nur dort, dürfen sich gerne die Geister scheiden, ob der nackte Lautsprecher einer durch hochwertige Korrektur präzisierten Version vorzuziehen ist.

Mit dem Einzug des DSPs in den Studiomonitor – auch dazu gibt es kontroverse Meinungen – lag die Überlegung nahe, nicht nur Standard-Systemparameter für den Anwender nach außen zu führen, sondern auch eine Schnittstelle für eine breiter gefasste Filter-Korrektur zu schaffen, die den Lautsprecher selbst mit einem messtechnisch ermittelten Korrekturstempel versieht, so dass alles, was an seinem Eingang erscheint, gleichermaßen korrigiert abgehört werden kann. Diese Methode ist der Lösung mit einem Plug-In deutlich überlegen, denn es stellt sich zum einen die Frage, wo überhaupt das Plug-In zu diesen Zweck in der Signalkette platziert werden kann und zum anderen, wo es denn auch maximal systemübergreifend arbeitet. Es nützt ja nichts, die Mischsumme mit einem Korrektur-Plug-In zu beaufschlagen, wenn die zum Vergleich herangezogenen Referenztitel an der Korrektur vorbei zum Lautsprecher gelangen. Außerdem besteht die Gefahr, dass man beim Mixbounce vergisst, die Korrektur aus der Summe zu nehmen. Insofern ist eine Hardware die bessere, aber auch kostspieligere Lösung. Das Angebot einer in den Lautsprecher integrierten Korrektureinrichtung wird unterdessen zunehmend größer, so dass auch Neumann Berlin für seine KH-Studiomonitor-Reihe schon eine ganze Weile ein entsprechendes Produkt anbietet, das auf den schlichten Namen MA 1 hört, abgeleitet von ‚Monitor Alignment‘. Bislang ermöglicht die Software-Lösung eine Korrektur von Stereo-Systemen mit oder ohne Bassmanagement mit bis zu zwei Subwoofern, wird aber vermutlich in absehbarer Zeit auch auf immersive Formate ‚aufgebohrt‘ werden. Für meinen Test ist das recht unerheblich, denn, was in einer phasenbezugssensiblen Stereo-Umgebung gut funktioniert, ist auch für ‚größere Formate‘ in gleicher Weise anwendbar. Nur fehlt eben derzeit in der Software noch die entsprechende ‚Verwaltungsebene‘. Der eigentliche Auslöser für diesen Test ist genau genommen nicht einmal das Korrektursystem, sondern ein neuer DSP-gestützter Lautsprecher aus dem Hause Neumann, der mit seinen kompakten Abmessungen verspricht, wie ein ‚Großer‘ zu klingen, unabhängig davon, ob man ihn mit MA 1 korrigiert oder nicht. Schauen wir uns also zunächst diesen vielversprechenden Zugang im Neumann-Portfolio aus der Feder von Entwickler Markus Wolff genauer an.