Businesstalk: Hermann Gier, SPL

Es ist ein gutes Gefühl, so viele Freunde, Kollegen und treue Wegbegleiter in der Branche zu haben. Sie alle sind ein Stück Heimat für mich, ein Zuhause, auch, wenn uns manchmal Hunderte von Kilometern davon abhalten, nach Lust und Laune auf einen Kaffee zusammenzusitzen. Manchmal ist es auch nur eine Dreiviertelstunde mit dem Auto und trotzdem komme ich vor lauter Beschäftigung nicht dazu, die Menschen regelmäßig persönlich zu treffen, die teilweise schon seit Jahrzehnten wichtiger Teil meines Audio-Weltbildes sind. Einer dieser Menschen ist Hermann Gier, SPL-Botschafter, -Geschäftsführer und -Mitinhaber. Wir kennen uns schon seit Mitte der 80er Jahre, einer Umbruchphase für dieses Magazin und auch einer entscheidenden Lebensphase für meinen Gesprächspartner, wie wir gleich noch erfahren werden. An einem sonnigen, vorfrühlingshaften Tag im Februar machte ich mich auf den Weg zu SPL in die 15.000-Seelen-Gemeinde Niederkrüchten, dem ‚Schon-immer-Standort‘ des deutschen Herstellers hochwertiger Audiotechnik. Ich hatte schon länger die Idee, dieses Interview zu führen, denn Hermann Gier ist nicht nur ein guter Freund für mich, sondern auch ein extrem kreativer Geist und Kenner dieser Branche, der mit Herz und Verstand die Geschicke eines Unternehmens mitgestaltet, das auf eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte zurückblicken kann.

1984 gründet ein gewisser Wolfgang Neumann die Einzelfirma Sound Performance Laboratory und legt damit den Grundstein für die international erfolgreiche Marke SPL. Kurze Zeit später begegnen sich Wolfgang Neumann und Hermann Gier und spinnen ihre ersten gemeinsamen Ideen, die 1987 zur Gründung einer GbR und der Marktvorstellung des SX 2 Vitalizers führen. 1994 stößt Peter Waschke, bekanntes Gesicht aus der Audio-Verlagsszene, zum Team und die SPL electronics GmbH formiert sich mit nun drei Gesellschaftern. 1998 bringt Produkte wie das Atmos 5.1 Mikrofonsystem in Kooperation mit Dirk Brauner, aber auch den Dauerbrenner Transient Designer hervor. In den ‚Olymp‘ steigt SPL schließlich mit seiner 120-Volt-Technik auf, mit der Surround-Mastering-Konsole MMC1 und dem Motorregler-gesteuerten parametrischen Equalizer PQ. Diese Technik initiiert in der Folge eine ganze Produktlinie, 2005 zwei Stereo-Mastering-Konsolen und 2007 den Phonitor mit Crossfeed-Matrix, was schließlich im Start der aktuellen Mastering-Serie mündet, mit der Vorstellung des Iron Mastering-Kompressors im Jahre 2015. Zuvor klopft 2012 die HiFi-Gemeinde an die Tür, ohne das SPL etwas ‚absichtlich‘ dazu beigetragen hätte: 50 Prozent aller Phonitor-Verkäufe landen tatsächlich, zunächst ohne Wissen des Herstellers, in heimischen HiFi-Wohnzimmern. 2013 unternimmt SPL den Versuch, auch im Bereich der Audio-Interfaces ein Wort mitzureden. Der Crimson wird vorgestellt, eine komplexe Kombination aus Audio-Interface und Monitor-Controller. 2014, als Reaktion auf den Phonitor-Erfolg in audiophilen Gefilden, entstehen die ersten ProFi-Produkte. 2018 geht Peter Waschke in den Ruhestand und übergibt den Staffelstab an Heinz Middelkamp, der schon seit Ende der 90er Jahre mit seinem eigenen Unternehmen für die Fertigung aller SPL-Produkte verantwortlich ist. Ganz aktuell, zum Jahreswechsel 2022/23 geht Wolfgang Neumann in den Ruhestand, bleibt der Firma aber als Entwickler und Berater erhalten. Seine Position als Geschäftsführer und Mitinhaber übernimmt SPL-Entwickler Bastian Neu. Mit diesem kleinen historischen Abriss sind wir in der Gegenwart angekommen, genauer gesagt im SPL-Demostudio, das Hermann und mir ein wenig Abgeschiedenheit und Ruhe, aber auch den passenden optischen Rahmen für unser Gespräch liefert. Ich hatte kein Drehbuch für diese Begegnung und so entwickelte sich unser Gespräch aus dem Bauch heraus…