Verbotene Liebe
Wenn Sie einmal den Lizenzpassus einer Computer-Software aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, dass Ihnen die gekaufte Software eigentlich gar nicht gehört. Sie erwerben lediglich ein Nutzungsrecht. Leider haben manche Software-Pakete, besonders in unserer Audio-Produktionswelt, einen so komplizierten Freischalt- oder Kopierschutz, dass man schnell die Lust verliert, sie überhaupt noch zu verwenden. Besonders lästig sind überraschende Aufforderungen, die Original-CD einzulegen, um Ihr Nutzungsrecht ‚immer wieder mal‘ unter Beweis zu stellen. Sie wissen sicher selbst, wie störend das während eines Produktionsablaufs sein kann. Instinktiv wird man aus den gemachten Erfahrungen dazu übergehen, Software zu nutzen, die in dieser Hinsicht leichter zu handhaben ist, sogar unter Verzicht auf die produktionstechnischen Vorteile, die Ihnen eine andere Software bieten kann. Wem Sie das zu verdanken haben, muss ich nicht explizit erwähnen. Mir kommt nur gerade der Gedanke, welche Ideen die Musikindustrie vielleicht noch entwickeln wird, um ihre Produkte ‚tot zu schützen‘. Die Milliardenverluste, die durch ‚Piraterie‘ entstehen, und die man uns in allen Bereichen vorrechnet, in denen Markennamen eine Rolle spielen, sind erschreckend, aber vielleicht auch nur der Versuch, eigenes Fehlverhalten und hausgemachte Irrtümer anderen in die Schuhe zu schieben. Vielleicht wird die Musikindustrie demnächst dazu übergehen, es ihren Softwarekollegen gleich zu tun und Musik-CDs und DVDs via Internet freischalten zu lassen, mit einem speziellen Player, der ohne diese Handlung seinen Abspieldienst verweigert – dann eben vielleicht auch nur noch für einen begrenzten Zeitraum, um den geneigten Hörer oder Zuschauer später erneut zur Kasse zu bitten. Irgendwo her muss das Geld schließlich kommen. Wenn man diese Methodik weiterspinnt, wird in naher Zukunft vielleicht auch eine Abgabe auf Musikinstrumente möglich sein, da man ja ein Klavier auch zum ‚Raub-Spielen‘ urheberrechtlich geschützter Musik verwenden kann – oder eine Lizenzgebühr für Musikschulen, die Menschen dazu befähigen, dies zu tun. Auftritte von Coverbands jeglicher Ausprägung müssten von diesem Tage an strafrechtlich verfolgt werden, wenn diese ihre Absicht öffentlich aufzutreten nicht rechtzeitig anmelden und entsprechende Lizenzgebühren abgelten. Die Inhaber der in der Regel viel zu teuer bezahlten Marken, egal, ob es nun Kosmetik, Lederwaren, Uhren, Musik oder Füllhalter sind, haben uns zu einem Scheinqualitätsbewusstsein ‚erzogen‘, dass viele Verbraucher zwingt, zu Raubkopierern oder Replika-Kunden zu werden, weil sie sich ein Leben ohne diese Marken nicht vorstellen können oder Gefahr laufen, sich als Mensch zweiter Klasse zu fühlen. Der Begriff ‚Pirat‘, den die Musikindustrie gerne verwendet, um unrechtmäßige Kopierer von Originalveröffentlichungen mit einem unverwechselbaren Begriff zu belegen, wird inzwischen auch auf einfache Bürger angewendet, die sich in ‚illegalen‘ Internettauschbörsen mit Musik versorgen, dabei sind Piraten historisch gesehen ganz üble Gesellen, die plündern, morden, rauben und vergewaltigen. Der Urheberrechteinhaber sollte eine Lizenzgebühr auf die unsachgemäße Verwendung dieses Wortes erheben. Die Musikindustrie verdient unterdessen Hunderte von Millionen mit dem Verkauf von Klingeltönen unter Ausnutzung eben dieses Urheberrechts. Das ist doch mal eine ehrliche Angelegenheit, die den Verkauf von Musik in ihrer ursprünglichen Form eines Tages völlig überflüssig machen könnte, wenn sie nicht als Vorlage für eben diese Klingeltöne dienen würde. Da ist doch die einmalige Nutzungsgebühr, momentan noch zeitlich unbegrenzt, geradezu ein Schnäppchen, wenngleich ich darin nichts anderes sehen kann, als eine dreiste Abzocke von wehrlosen Jugendlichen, die wiederum blind einer ‚Marke‘ hinterherlaufen, ohne die man in einem bestimmten Umfeld als Sonderling gilt. Der heute vielfach verkauften ‚Musik‘, die zumeist aus Aufgewärmtem, Nachgeäfftem oder aus von sich selbst geklauten musikalischen ‚Zitaten‘ besteht, merkt man einfach an, dass sie zu nichts anderem dienen soll, als die Ladentheken in Erwartung eines möglichst hohen Umsatzes mit einem nur allzu leicht formbaren Publikum zu füllen. Vielleicht liegt dort die Ursache für eine not- und sich selbst bemitleidende Industrie, die keine Ideen mehr zu haben scheint, außer sie dienen der Gewinnoptimierung. Sie können diesen Text übrigens beliebig oft lesen. Mit der Entrichtung des Abonnementspreises haben Sie ein lebenslanges Recht erworben, sich an diesen Zeilen zu erfreuen. Illegale Leser werden hingegen mit aller Härte des Gesetzes strafrechtlich verfolgt...