Ehrung nach 30 Jahren
Manchmal gibt es merkwürdige Zufälle. An meinem Geburtstag, am 28. September 2017, war der Kinostart für eine filmische Dokumentation über das Leben und die Arbeit des legendären Produzenten und Toningenieurs Konrad ‚Conny‘ Plank. Im Jahre 1977 war ich durch unglückliche Umstände gezwungen, den Traum von einer Festanstellung in dem Tonstudio, in dem ich gelernt hatte, aufzugeben und den Weg des freiberuflichen Toningenieurs zu beschreiten, was sich für mich im Nachhinein allerdings als Glücksfall herausstellte. Ich bastelte mir ein ‚Show-Reel‘ mit Ausschnitten aus den besten Produktionen, die ich bis dahin gemacht hatte und begab mich auf nach Wolperath zu ‚Connys Studio‘, in der Hoffnung, dort Arbeit finden zu können. Ich muss sehr naiv gewesen sein, mich in einem Studio zu bewerben, das auch schon in dieser Zeit ‚Legenden-Status‘ besaß, denn weltberühmte Künstler wie Kraftwerk oder Brian Eno wollten in der ländlichen Abgeschiedenheit in einem ehemaligen Schweinestall produzieren. Conny empfing mich sehr freundlich, hörte sich mein Tape an (ich glaube, es gab sogar ein Lob) und ich verbrachte einen ganzen Tag im Studio, mit dem Ergebnis, am Ende eine Absage zu erhalten, denn Conny hatte wenige Wochen zuvor bereits einen 2nd Engineer eingestellt. Ich war nicht allzu enttäuscht, denn mir war zu diesem Zeitpunkt nicht so richtig bewusst, von wem ich da gerade nach Hause geschickt worden war. Einige Tage später gab es einen Termin bei Dieter Dierks in den nicht minder legendären Dierks Studios (ich hatte damals offenbar überhaupt keine Berührungsängste), und tatsächlich bekam ich dort meinen ersten Job, das Album einer Kölner Band aufzunehmen und zu mischen. Wir machen einen kleinen Sprung in den Mai 1978. Inzwischen waren sensationelle vier Ausgaben des Studio Magazins (damals noch ‚Studio – Zeitschrift für den Studio und Produktionsbereich‘) erschienen und ich hatte einen Termin mit Conny Plank für ein Interview, das in der Mai-Ausgabe 1978 mit dem Titel ‚Audio-Schrott‘ erschien. So schließt sich der Kreis der Geschichte und wir kommen auf den Mann zurück, den ich zweimal kennenlernen durfte. Conny Plank war, aus meiner eigenen Erfahrung, ein sehr zielgerichtet denkender und handelnder Mensch, der sich nicht von Trends und ‚Me-Too-Strömungen‘ leiten ließ, sondern stets eigene Wege beschritt. Das machte ihn zu einem sehr begehrten Produzenten und Tonkünstler, der musikalisch richtungsweisende Produktionen auf den Weg brachte, während alle anderen bewundernd nach Amerika und England schauten. Ich habe mir vorgenommen, als persönlichen Beitrag zur Ehrung von Conny Plank, das Interview vom Mai 1978 in der nächsten Ausgabe noch einmal zu veröffentlichen, in einer sprachlichen Bearbeitung, die den heutigen Standards des Studio Magazins entspricht, das im Anfangsjahr nebenberuflich und mit für mich heute fast peinlicher Holprigkeit monatlich zusammengebastelt wurde, während ich meinen Lebensunterhalt als Toningenieur verdiente, was übrigens noch bis 1984/85 so weiterging. Conny Plank starb im Jahre 1987 mit gerade mal 47 Jahren infolge eines Krebsleidens und wäre jetzt genau 10 Jahre älter als ich, nämlich 77. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was dieser hochtalentierte Mann noch alles hätte erreichen können, arbeitete er doch auch schon damals mit Künstlern wie NEU!, Ibliss, La Düsseldorf, Kraftwerk, D.A.F., Eurythmics, Ultravox, Midge Ure, Gianna Nannini, Devo und vielen anderen zusammen. Auf der Website www.conny-plank.de kann man viele Geschichten nachlesen, die von seinem Sohn Stefan Plank erzählt werden. Eine ist sicherlich symptomatisch für das Wesen und den starken Charakter von Conny Plank: Die Mitglieder der Gruppe U2 saßen bei Conny am Küchentisch und baten ihn darum, das Album ‚The Joshua Tree‘ zu produzieren. Conny sagte: ‚Ich denk drüber nach...‘. Die ganze Familie Plank fuhr anschließend zum Lorelei-Festival. U2-Sänger Bono kam auf die Bühne und begrüßte öffentlich ‚den neuen Produzenten Conny Plank‘ im Publikum. Daraufhin verließ dieser das Gelände und wechselte nie mehr ein Wort mit der Band. Ich habe nur verschwommene Erinnerungen an meine beiden wichtigsten und auch spätere Begegnungen mit Conny Plank, aber ich war nah dran und werde deshalb auch auf keinen Fall verpassen, diesen Film zu sehen...