Der Duft des Erfolgs

Wie eine neue internationale Studie belegt, versetzt das Versprühen von Düften in Ladenlokalen nicht nur die geschätzte Kundschaft in eine euphorischere Kaufstimmung, sondern auch Kreativität und Wohlbefinden der Mitarbeiter am Arbeitsplatz, ja, sogar das Betriebsklima werden nachweisbar positiv beeinflusst. Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen bereit, verstärkt in Duftsysteme zu investieren, die, wie ich nunmehr weiß, zu den multisensorischen Mitteln gehören, zu denen gleichermaßen Licht, Farben, Pflanzen, Kunstwerke und auch Audio zu zählen sind. Mir stellte sich beim Lesen entsprechender Lektüre im Internet die Frage, wonach es denn wohl riechen muss, damit ein bestimmtes Ziel schneller, besser oder überhaupt erreichbar wird? An Musik als ‚Stimmungsmacher‘ und Katalysator für einen Appell an ein bestimmtes Gefühl arbeiten jeden Tag unzählige  Studios. Aber wie muss es dort riechen, damit die Produktion leichter von der Hand geht, besser klingt oder sich kreative Ideen schneller im Kopf entwickeln? Düfte nehmen offenbar Einfluss auf Lust oder Unlust, Zu- oder Abneigung oder steigern die Motivation. Mit Frühlingsdüften in der Nase ist man eher bereit, bereits im Januar Frühjahrskleidung zu kaufen, der Duft von Wald, Strand, Meer verleitet möglicherweise zum Erwerb eines Cabriolets oder der Apfel wandert schneller in den Einkaufswagen, wenn es intensiv nach frischem Obst riecht. Diese als Duftmarketing bekannte, verkaufsfördernde Maßnahme scheint tatsächlich unser Verhalten zu manipulieren. Sie werden staunen: Lavendel stärkt die Nerven und lindert Kopfschmerzen, Mandarine löst Verspannungen und Ängste, Pfefferminze wirkt gedächtnisstärkend bei geistiger Erschöpfung und Unkonzentriertheit, Zitrone hilft bei Schwächezuständen, Niedergeschlagenheit und Konzentrationsschwäche, Citronella wirkt stimmungsaufhellend, verhilft zu neuem Optimismus und beseitigt Antriebslosigkeit, Bergamotte hat positiven Einfluss auf die Kreativität. Leider stammen diese Informationen von einem Anbieter ätherischer Duftöle, so dass sie mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind. Möglicherweise eröffnet sich hier aber auch ein ganz neuer Markt in professionellen Audiogefilden. Ein raffinierter Cocktail aus genannten Zutaten beschleunigt unter Umständen die Auswahl des richtigen EQs oder Kompressors oder die ideale Dosierung von 53 Hz. Vielleicht ist es aber auch zielführend, Düfte beim Aufrufen von Plug-Ins zu versprühen, damit neben der fotorealistischen Darstellung der Bedienoberfläche auf dem Bildschirm zeitgleich die Patina einer 40 Jahre alten Neve-Konsole in die Nase steigt, um den Glauben an den virtualisierten Klang des analogen Originals zu stärken? Der Kunde hat seit acht Monaten nicht bezahlt? Anis wirkt entspannend und hilft bei innerer Unruhe, Jasmin verbessert die Stimmungslage und löst seelische Verkrampfungen. Vielleicht gelingt die Metal-Produktion besser mit dem Geruch schwitzender Headbanger in der Nase oder der verführerische Duft eines abkochenden Bauteils bringt mehr Realismus und Druck in die ITB-Session. Ein Blick in die Apotheken-Umschau enthüllt, dass synthetisches Maiglöckchen-Aroma die Geschwindigkeit und Richtung von Spermien beeinflusst. Der Weg zur Duftkerze für eine erfolgreiche Hiphop-Produktion dürfte demnach nicht mehr allzu weit sein. Eine Studie aus den USA belegt, dass vierzig Testpersonen tendenziell auffällig einer bestimmten Musikrichtung einen bestimmten Geruch zugeordnet hatten, indem sie beim Hören von Musik an Riechstäbchen schnüffelten. Classic Rock riecht demnach nach Lakritz, Heavy Metal nach Fisch (sorry) oder nach Zimt (na, geht doch), Reggea nach... nein, nicht nach Gras, sondern nach Ananas, Kaffee, Zitrone und Banane, Jazz nach Kaffee (jawoll!), aber auch nach Knoblauch, Süßholz, Terpentin oder Rosen (offenbar eine sehr facettenreiche Musik). Möglicherweise steigt in Kürze der Umsatz bei ätherischen Älen, Duftkerzen und Räucherstäbchen bei einer bestimmten Käufergruppe. Man darf eben nichts unversucht lassen...

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