Das unmögliche Audiohaus aus Schweden...

Am Sonntag kann man zwar nichts kaufen, aber fast den ganzen Tag durch die Ausstellung schlendern und zwischendurch ein Päuschen im hauseigenen Restaurant machen. Bei Lachs und Ofenkartöffelchen zum einmaligen Sonntags-Sonderpreis ärgere ich mich fast, nicht die ganze Studio-Crew mitgebracht zu haben.

Ach, Sie kennen das noch nicht?
Ich war in einer der neuen ‚Audea‘-Filialen, in denen man beste Audio-Qualität zum kleinen Preis kaufen kann. Und ich habe selbst beim Sparen mitgeholfen, durch meinen Einsatz, die gekauften Geräte bequem in Einzelteilen mitzunehmen und im Studio selbst zusammenzubauen. Ist das nicht toll? Nach dem gigantischen Erfolg der Pro-Audio-Drive-In-Kette, von dem ich ja selbst auch mehr als einmal profitieren konnte, hat jetzt ein junger schwedischer Konzern, der am Rande grüner Wälder, saftiger Wiesen und stahlblauer Seen zu Hause ist, die wunderbare Kultur des Selbstbaus auch im Kreise der Audioprofis etabliert. Zu unser aller Nutzen!

Mal Hand aufs Herz, haben wir nicht alle mit einer Ikea-Küche und dem dereinst hochgiftigen Billy-Regal angefangen und unsere ersten Erfahrungen mit einem Universal-Imbus-Schlüssel gemacht? Diese Freude, das gekaufte Produkt durch eigener Hände Arbeit entstehen zu sehen. Da klingt doch der Stereo-Kompressor ‚Löten‘, den ich mir vor vier Wochen bei ‚Audea‘ gekauft habe, gleich noch viel besser. Zugegeben, es hat einer der blauen Widerstände gefehlt, die man nach Bauanleitung in die dafür vorgesehenen Klemmen einstecken musste. Und auch der Gehäusedeckel ging oben nicht richtig zu. Aber was soll‘s, das kann ja mal passieren, und was sind schon 86 Kilometer mit dem Auto? Dafür war es eben richtig günstig. Meine Reklamation wurde auch sofort bearbeitet. Nur vierzehn Tage später war das fehlende Ersatzteil da. Ich find es auch echt dufte, dass man auf der ‚Audea‘-Webseite so freundlich geduzt wird. Da fühlt man sich gleich richtig geborgen. ‚Wie hättest Du es gerne?‘ heißt es da zum Beispiel, ‚gleich bezahlen oder lieber später, denn wir wollen, dass Du es besonders bequem hast.‘ Find ich supernett von ‚Audea‘, wie man dort um mich besorgt ist. Was die Qualität betrifft, da kann man hundertprozentig sicher sein, hundertprozentig! Denn alle Produkte, die man bei ‚Audea‘ kauft, sind ‚Perifakta‘-geprüft. Die machen dort Langzeitversuche, in denen Regler mindestens tausendmal hin- und hergedreht oder -geschoben und Taster ewig lange gedrückt werden, immer wieder. Ich weiß gar nicht, wovon das bei diesen niedrigen Preisen bezahlt wird. Aber das gibt mir natürlich Sicherheit. In meinem Studio stehen schon viele Geräte von ‚Audea‘, zum Beispiel der neue Nahfeldmonitor ‚Quälen‘, die digitale Workstation ‚Buten‘ und das Kondensatormikrofon ‚Zerren‘, alles Topqualität. Und man empfindet ein richtiges Glücksgefühl, wenn man erst mal alle Einzelteile im Hochregal-Lager zusammengetragen hat.

OK, war nur ein Scherz, aber ich hatte mich ohnehin schon ernsthaft gefragt, welche Verkaufsstrategie das Prinzip des kleinstmöglichen Preises ablösen würde, wenn auch dieses Argument dereinst nicht mehr zöge. Glücklicherweise aber ist der Kern des professionellen Audiogewerbes von der Schnäppchen-Mentalität verschont geblieben, schon alleine deshalb, weil professionelles Arbeiten nicht ohne professionellen Service und unbedingte Zuverlässigkeit der studiotechnischen Anlagen möglich ist. Erfreulich auch die Tendenz, dass sich an die zunehmend komplexer werdenden Produktionsaufträge immer weniger Audio-Amateure herantrauen, die noch bis vor kurzem die Preise der professionellen Studios mit Angeboten fernab jeder kaufmännischen Vernunft torpediert hatten. Der sicher für viele professionelle Studiobetriebe, die bis heute durchgehalten haben, sehr schmerzhafte Prozess der Konsolidierung zeigt jedoch nach meiner subjektiven Wahrnehmung tatsächlich erste positive Tendenzen, nicht zuletzt bedingt durch das wachsende Interesse aller medialen Bereiche am Surround-Ton. Insofern bin ich zuversichtlich, dass niemand meine Idee vom unmöglichen Audiohaus aus Schweden aufgreifen wird. Schraubst Du noch oder mischt Du schon?

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